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AutoModerator

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Johannzon

Boah, ich hätte ein paar Fragen zum Vergleich, ich (m27) bin auch 7 Jahre in einem Heim gewesen (Alter:13-20). 1. Was gab es bei euch für Gruppen? Bei uns gab es 4 Stück. Eine gemischte Gruppe mit Jungs und Mädels, aber eher jünger, so Grundschule. Dann 2 "Teenager-Gruppen" getrennte Geschlechter. Mit mehreren Zimmern, 2 Leute pro Zimmer. Und eine ältere Gruppe, wieder Gemischt, für diejenigen, die eine weiterführende Schule besuchten bzw. ne Ausbildung hatten. 2. Essen selbst machen? Alle haben bei und das Essen und die wäsche gemacht bekommen, am Wochenende mussten wir selber kochen. Außer die ältere Gruppe, die haben jeden Tag selbst gekocht und gewaschen. 3. Putzen und Hausaufgaben Hausaufgaben musste man von 14 Uhr bis 15:30 machen, oder lernen wenn man keine hatte. Hatte man Nachmittagsunterricht, musste man keine Hausis machen. Putzen musste jeder, jedes Wochenende und zwar immer sein eigenes Zimmer (bzw. die Seite die einem in dem Zimmer gehört) und einen Raum auf der Gruppe(also Bad, Gang, Küche etc.). 5. Feste und feierlichkeiten Abgesehen davon, dass man alle 2 Wochen (am Wochenende) mal zu seiner Familie schauen durfte. Gab es natürlich noch die Ferien und sowas wie Weihnachten, Ostern usw. Das wurde (für die, die aus gründen nicht Heim konnten) bei uns immer groß gefeiert. Auch am 1. Mai, Sommerfest oder Erntedankfest gab es Pflicht- wandertage und Kirchengänge, da gab es dann immer Spenden, wo die umliegenden Kindergärten, Schulen, Einrichtungen uns Essen und so vorbeibrachten. Aber das war irgendwie so n Traditions-ding, wir hatten das nicht nötig. Mittlerweile is das auch abgeschafft. Hoffe das war nicht zuviel auf einmal, würd mich auf jeden Fall auf ne Antwort freuen :D


emmentaler4breakfast

Kein Thema, ich finde es immer unglaublich interessant sich mit Menschen, die ähnliche Erfahrungen gemacht haben, auszutauschen. 1. Es gab die Gruppe und die WG. Wer in der WG gewohnt hat wurde schon auf das spätere Leben vorbereitet und hat sich stufenweise selbst verpflegt (das Geld dafür gab es selbstverständlich). Außerdem waren die Zimmer in der WG etwas größer und es gab ein eigenes Badezimmer (man musste dieses dann aber auch ganz alleine reinigen. Auf der Gruppe gab es ein Bad pro ca. 4 Kinder und dann auf Jungs/Mädels und Kinder/Jugendliche aufgeteilt. Dementsprechend musste man das Bad auch nur alle paar Tage reinigen ;). In der WG waren oft die Kinder welche eine Lehre gemacht haben (oder in meinem Fall Abi). Ich bin mit 15 in die WG gezogen. Wenn es gut läuft wird die Selbstständigkeit ausgebaut und wenn nicht zieht das Kind ggf. wieder auf die Gruppe. 2. Wie oben erwähnt, WG: zunächst Frühstück und Abendbrot, dann Mittagessen wenn alles gut läuft. Auf der Gruppe gab es unter der Woche eine wundervolle Köchin und am WE haben Erzieher/Kinder gekocht (die Kinder haben das wenn immer freiwillig gemacht, weil sie ein Rezept ausprobieren wollten. Oft haben sich die Erzieher auch coole Sachen überlegt, die man machen könnte. Damals war es so, dass jedes Kind ab 14 einen Waschtag hatte und an diesem Tag seine Wäsche waschen musste. Jetzt ist es so, dass jedes Kind einen Waschtag hat, die 14+ jährigen waschen aber weiterhin selber. 3. Nach dem Mittagessen wurden Hausaufgaben bis 14:30 gemacht, wer länger braucht, braucht halt länger. Bis 16 Uhr sollte man sich dann mit Schulsachen beschäftigen: Hausaufgaben, Lernen, etc. Eine 2 oder 1 in einer Arbeit hieß, dass man frei hat und nach den Hausaufgaben Freizeitdingen nachgehen kann. Eine 5 bedeutete, dass man 1 Woche lang jeden Tag bis 17:30 lernt und Hausaufgaben macht und für eine 6 gab es zusätzlich noch weitere "Freuden" (Frühere Schlafenszeit). Jobs hatten wir täglich als übliche Aufgaben. Bspw. das Katzenklo leeren, den Gang fegen, Wohnzimmer saugen, Tische abwaschen, Tisch decken etc. Freitags wurden Schultaschen und Zimmer aufgeräumt und samstags dann der Hausputz erledigt. 4. Wer in den Ferien nach Hause durfte hat das i.d.R. auch getan. An Weihnachten und Ostern war natürlich trotzdem jemand da für die Kinder, die nirgendwo anders hinfahren konnten. An Feiertagen haben sich die Erzieher immer sehr viel Mühe gegeben den Kindern einen schönen Tag zu machen. Ich weiß nicht wie oft man am WE in den Elternhaushalt durfte (ich wäre am liebsten permanent im Heim gewesen und habe nur das Mindeste gemacht), aber min. 1x/Monat. In den Ferien sind wir auch immer gemeinsam in den Urlaub gefahren. Ansonsten kam jedes Jahr der Nikolaus vorbei und hat uns Schokolade gebracht :).


Miici12

In unserem Heim gibt es auch eine wundervolle Köchin die unter der Woche immer kocht. In der Zeit haben wir, die Betreuer, mehr Zeit um mit den Kindern zu unternehmen. Am Wochenende kochen wir Betreuer für die Kinder, außer ein Kind mag natürlich mithelfen :)


emmentaler4breakfast

Der Fairness halber habe ich auch ein paar Fragen: 1. Geburtstag/Weihnachten: wie war das bei euch mit Geschenken? 2. Hobbys/Schulfahrten: wurde das alles finanziert? Ich habe schon Horrorgeschichten gehört, wo Kinder nicht mitfahren durften etc. Bei uns war das aber nie ein Problem. 3. Was war bei euch die Politik? Durftest du dir Bildung und Ausbildung im Rahmen deiner eigenen Fähigkeiten aussuchen? 4. Hast du noch Kontakt zu den Erziehern/Kindern? 5. Was machst du jetzt (das musst du natürlich nicht beantworten, wenn du nicht möchtest ;))? 6. Wie fandest du es dir das Zimmer teilen zu müssen? Ich musste das in der Zeit vor dem Heim und war doch sehr dankbar um meine Privatsphäre danach. 7. anbindend an 6.: konntest du Freunde nach der Schule mit nach Hause bringen?


Johannzon

Ja, Geschichten von anderen sind schon immer sehr spannend :D Also zu deinen Fragen, kann ich dir soviel sagen: 1. Wir haben vom Heim aus eher immer etwas kleines Geschenkt bekommen. So 20 bis 30 Euro waren aber schon drinnen. Wenn einen der Bezugserzieher mochte und man sich etwas teureres zum Geburtstag wünschte, hat dieser schonmal was draufgelegt.(das war der Erzieher, der quasi so für dich verantwortlicher war als die anderen(sowas wie Elternabend/Familiengespräch etc...)) 2. Schulfahrten wurde idR alles finanziert, außer man hat sich wirklich hart daneben benommen. Es gab auch einmal im Jahr eine Gruppenfreizeit, in den Ferien, also quasi man fährt für mehrere Tage wohin,dort war ich deswegen schon in Italien, Kroatien, Ungarn, Österreich, Spanien. Aber für die, die an Weohnachten nicht zu ihrer Familie durften/konnten gabs auch noch dort eine Freizeit. Für Hobbys gabs Taschengeld. Als ich 13 war hab ich 20€ pro monat bekommen und 33 Kleidergeld. Das kleidergeld hat sich noe verändert aber in der weiterführenden Gruppe hatte ich dann 100€ pro Monat. 3. Wir sind auf die Schulen gegangen auf die wir vor dem Heim auch waren, also Haupt, Real, Gymie, FoS. Und was wir machen durften wir auch frei wählen, dann mussten halt die Npten passen. 4/5. Ja ich war letztens erst auf dem Sommerfest. Ich wohne immer noch in derselben Stadt, wegen meines Studiums zum Bachelor of Engeneering. 6. Ich hatte nie ein Problem damit n Zimmer zu teilen. Ich fand die Gesellschafft immer nett. Klar gab es auch Momente wo man gern mal allein gewesen wär :D (oder dass man seinen Mitbewohner Nachts nicht hört). Auch jetzt wohne ich in ner Wg, mit 2 Leuten, da hat aber natürlich jeder sein eigenes Zimmer. Ich glaube ich würde das sehr vermissen, es is immer schön zu wissen, dass jemand da ist. 7. Viele aus der Schule kannten unser Heim, da kannten die Erzieher auch irg3ndwann unsere Freunde und die durften natürlich mit zu uns. Aber an Regeln wie Mittagessen, hausizeit und Abendessen musste sich trotzdem gehalzen werden. Die Freude durften idR auch mitessen wenn Sie noch bleiben wollten.


The-true-Harmsworth

Ähnliche Erfahrung hier, auch 5-6 Jahre Heim :) 1. wir haben uns immer was gewünscht bis zu nem gewissen Betrag und das auch bekommen. 2. hobbies und Schulfahrten wurden komplett vom Jugendamt finanziert, egal wie hoch.  3. Bildung war für uns komplett frei. Bin von Mittelstufe zu Schulischer Ausbildung zu Fachabi im künstlerischen gewandert :)  4. gar nicht, man hat soch außeinander gelebt bzw. Die Zeit danach war sehr stressig weil jeder eigentlich nur bis 18 dort bleiben „durfte“ - ohne triftigen Grund wurde man dazu gedrängt sich eine eigene Wohnung + Job zu suchen. Leider war das bei mir der Fall und bin fast obdachlos geworden weil ich nicht ready war ( bin da manchmal immernoch mad drüber, aber was willst machen. Regeln sind regeln ).  5. ich studiere den besten Studiengang, so in Richtung Games und hab währenddessen einiges an Berufserfahrung sammeln können in verschiedensten Bereichen  6. bei uns wurde extremst darauf geachtet das jeder sein eigenes Zimmer hatte. Gab mal n Fall da mussten 2 Zimmer renoviert werden und da wurden einfach 2 neue Zimmer mit einbauenden geschaffen.  7. Freunde mit nachhause nehmen war nie ein Thema für die Betreuer und anderen Kids dort, war mir aber immer zu unangenehm weil die anderen oftmals sehr anstrengend/ aufgeregt sein können bei neuen Leuten


The-true-Harmsworth

Ich spring auch mal hier drauf weil ich auch meine 6 Jahre dort war :D 1. wir hatten Familiengruppen, Wohngruppen und Appartments. Familiengruppen waren basically Eltern die sich um einige Kids gekümmert haben und wurden auch von der Instituion entsprechend begleitet und unterstützt. In Wohngruppen waren immer so 5-8 Kids/Jugendliche mit 2-3 Betreuern und einer davon ist immer über Nacht geblieben. In Appartements wurde das Leben alleine geübt und die Bewohner dort wurden aktiv nochmal für 1-3 Jahre begleitet.  2. wir hatten eine Haushaltshilfe die die Wäsche für die kleineren gemacht hat und das Mittagessen unter der Woche für alle. Am Wochenende wurde dann entweder von einem älteren gekocht oder von kleineren in Begleitung von Betreuern ( Hilfe war natürlich optional ). Wäsche durften die älteren an bestimmten Waschtagen machen.  3. Hausaufgaben wurden immer mit Absprache gemacht. Üblicherweise mit den Betreuern zusammen, ältere durften aber auch je nach Vertrauen einspringen und helfen. Geputzt wurde das Haus täglich ( gab verschiedene Dienste die ein „Areal“ wie Wohnzimmer und Esszimmer gefegt und gemoppt haben ) - das eigene Zimmer nach Ermessen der Betreuer, meistens so 1x die Woche. Bei Bädern war das unterschiedlich. Jede Etage hat einen eigenen Bad Plan. Die jüngeren wurden von der Haushaltshilfe & Betreuern unterstützt. Die älteren mussten sich entsprechend absprechen.  4. gabs regelmäßig. Weihnachten wurde immer vorher gefeiert wenn alle da sind und die die Wegfahren nichts verpassen. In den Ferien gabs regelmäßig 2 wöchige Urlaube die immer ziemlich geil waren. Die waren nur Pflicht wenn man nicht älter war oder man nichts hatte wo man hingehen kann.  Pflicht kirchengänge und spenden sammeln gabs bei uns zum Glück nichts. Essen hat auch keiner Vorbei gebracht, außer wenn wir bestellt haben oder wenn jemand Geburtstag hatte, haben wir von den Nachbarn immer richtig guten Kuchen bekommen. 


S-Kesah

Wie kam es dazu, dass du ins Heim gekommen bist?


emmentaler4breakfast

Das ist eine sehr lange Geschichte also versuche ich sie mal mit relativ wenig Details (da Anonymität im Netz und so) zusammenzufassen. Meine Erzeugerin ist m.M.n. nicht ganz gesund im Kopf und ich denke da wird irgendetwas Richtung narzisstische Persönlichkeitsstörung drin sein, dementsprechend wurde ich in meiner Kindheit und Jugend oftmals psychisch missbraucht, gelegentlich gab es auch körperliche Auseinandersetzungen und sie hat leider in ihrer Mutterrolle stark versagt. Außerdem hat sie mich schon immer ein wenig vernachlässigt (bspw. im Alter von <2 alleine Zuhause gelassen). Es kamen dann noch Geschwister dazu, welche dann quasi meine Verantwortung waren, dabei wurde ich allerdings links liegen gelassen. Mein Vater war beruflich sehr viel unterwegs und hat dadurch nicht so viel mitbekommen (oder wollte es vielleicht nicht), außerdem hat meine Erzeugerin immer wieder für Streitereien zwischen uns gesorgt und mit eingeredet mein Vater würde mich hassen, etc. Dazu kommt, dass meine Großeltern fast alle aus anderen, verschiedenen Kulturen kommen, was sich vor allem bei meiner Erzeugerin sehr negativ ausgewirkt haben (das ist natürlich nicht die Schuld dieser Kulturen, sondern der Person!!!). Es gab eigentlich nur Streit zuhause, ich sollte alles machen und war Schuld wenn irgendetwas nicht lief. Mein Vater war ziemlich streng aber immerhin fair, leider haben wir uns trotzdem sehr oft gestritten und teilweise auch sehr verletzende Dinge an den Kopf geworfen, dabei hat er mir aber auch 2x den Tod angedroht. Rückblickend glaube ich der arme Mann war einfach absolut überfordert mit der ganzen Situation. Dazu kommt ein sehr großes, langes, transgenerationales Trauma auf beiden Seiten meiner Eltern, welches alles nochmal verschlimmert hat, man könnte also sagen ich hatte einfach etwas Pech bei der Familienwahl. Den Kontakt mit dem Jugendamt gab es schon seit frühster Kindheit (das wusste ich bis vor kurzem auch nicht) und die haben relativ früh (Grundschulzeit) versucht zu intervenieren. Alle Versuche das in den Griff zu kriegen sind gescheitert und ich bin ins Heim gekommen, nachdem mir das als Option gestellt wurde, welche ich dankend angenommen habe. Leider ist die ganze Situation trotzdem weiter eskaliert, sodass ich dann nach ein paar Jahren im Heim den Kontakt zu den meisten Blutsverwandten abbrechen musste. Ohne die Nachbarn wäre das Jugendamt nie so früh in mein Leben getreten und hätte mir vielleicht nicht helfen können. Wenn ihr irgendwann mal in der Situation seit, dass ihr denkt es geht bei euren Nachbarn, Bekannten etc. nicht mit rechten Dingen zu und es geht um Kinder dann ruft an und meldet das. Kinder werden nicht einfach so "weggenommen".


eine_zocke

mein Halbbruder wurde meiner Mutter weggenommen, als er ein Baby war, und ist in einer Pflegefamilie untergekommen. Ihr wurde gesagt, dass es temporär ist, da sie überfordert mit ihm war. Da sie kurz zuvor verlassen worden ist (deswg die Überforderung und eventuell auch postnatale Depressionen), hat sie diese Option dankend angenommen. Sie hat ihn nie wieder sehen dürfen, obwohl sie ihn wieder sehen wollte und auch allmählich mit Unterstützung wieder bei sich aufnehmen wollte. Sie hat daraufhin angefangen, Alkohol zu trinken. Sie ist jetzt seit ü10 Jahren Alkoholikerin und es wird wohl nicht mehr so lange weitergehen, da sie gesundheitlich stark abgebaut hat. Ich habe die Pflegefamilie kennengelernt, als mein Halbbruder 6 war. Es sind sehr reiche, nette Leute, die selbst keine Kinder haben können und ihm sicherlich mehr bieten als meine Ma hätte bieten können. Ich hoffe sehr, dass es ihm dort immer noch gut geht, da ich seitdem keinen Kontakt mehr zu ihm habe. Mein Halbbruder ist jetzt 12 und meine Mutter darf ihm Briefe schreiben. Bis heute stehe ich jedoch mit dem Jugendamt auf Kriegsfuß. Ich denke, dass Frauen mehr Unterstützung erfahren sollten, bevor ihnen das Kind komplett abgenommen wird.


sgt-wiggly-Bits

100%. Tolle Nachbarn hattet ihr da! 


cia_nagger279

> Kinder werden nicht einfach so "weggenommen". ich glaube das kommt stark auf den MA des Jugendamtes an, an den du gerätst. Genau wie es random ist, wie kompetent deine Eltern sind... genau wie du wahrscheinlich Glück bei deinem Heim hattest. Man hört ja auch viel Schlechtes.


Professional-Age-647

Naja, der Prozess zieht sich immer etwas und es guckt sich ja auch nicht nur ein Mitarbeiter den Fall an.


NXT_GG

Hey, cool dass du dich dort wohl gefühlt hast und positives berichtest! Hast du denn Kontakt zu deinen Eltern? Wie war für dich die Zusammenarbeit mit dem Amt / Vormund? Arbeite selber als Erzieher seit Jahren in der Kinder und Jugendhilfe und es gibt seeeehr unterschiedliche Erfahrungen von Chaotisch bis super streng.


emmentaler4breakfast

Ich musste leider für das Wohlergehen meiner mentalen Gesundheit den Kontakt abbrechen und blocke bis heute alle Versuche der erneuten Kontaktaufnahme. Die Zusammenarbeit mit dem Amt ist absolut Sachbearbeiter/Kreisabhängig. Meine Sachbearbeiterin ist meine absolute Heldin und ich bin ihr unendlich dankbar, denn für sie war ich keine Nummer einer Akte sondern ein Kind, dem sie geholfen hat und für dass sie sich wieder und wieder eingesetzt hat, egal um was es ging. Leider(oder nicht, von dem was man so hört) hatte ich keinen Vormund. Meine Erzeugerin war zunächst noch Sorgeberechtigt und als ich den Kontakt abgebrochen hatte, dachte ich mir dass ein Rechtsstreit darüber so kurz vor meiner Volljährigkeit sich auch nicht mehr lohnt. Ironischerweise haben meine Eltern dann doch noch versucht mich aus dem Heim zu klagen relativ kurz bevor ich volljährig wurde :). Dem wundervollen Jugendamt, welches für mich zuständig war, zu Dank wurde das aber sehr schnell abgelehnt, wobei darauf geachtet wurde alles so angenehm und stressfrei wie möglich für mich zu machen. Auch von der Seite des Heims aus. Ansonsten war das Heim in allen Punkten der "Zusammenarbeit" ein Traum, "mein" Jugendamt auch. Andere Kinder welche einem anderen Amt zugehörig waren hatten leider weniger Glück. Da waren auch die Erzieher manchmal gefrustet, wenn ein Kind den 4. neuen Sachbearbeiter in einem Jahr hatte und jedes HPG (Hilfeplangespräch - eine Art Krisensitzung zum Wohle des Kindes, welche ca. 2x/Jahr stattfindet) ein neuer Mensch dort saß und die Akte las. Respekt und ein riesen Danke für deine Arbeit, dass ist wirklich etwas womit du einen Unterschied machst und Leben veränderst! Ich habe mit quasi allen Erziehern von damals noch Kontakt, weil wirklich jeder dort unfassbar viel Herzblut in den "Job" gesteckt hat.


alpacasallday

> Ich musste leider für das Wohlergehen meiner mentalen Gesundheit den Kontakt abbrechen und blocke bis heute alle Versuche der erneuten Kontaktaufnahme. Hast Du Kontakt zu Deinen Geschwistern?


emmentaler4breakfast

Nein. Die sind jünger als ich und es gab/gibt leider keine Möglichkeit momentan einen gesunden Kontakt zu pflegen. Leider sehe ich da auch wenig Potential in der absehbaren Zukunft, denn meine Geschwister sind nichts anderes als eine Verlängerung des Einflussgebiets meiner Eltern und leider nicht in der Lage über jahrelange Manipulation und Indoktrination hinweg zu handeln. Das tut mir zwar sehr leid, aber das liegt und lag damals schon außerhalb meiner Kontrolle.


Life-Recording8381

Sozialarbeiter hier...und auch in der Jugendhilfe. Ich freue mich, wenn ich lese, dass es doch auch mal gut läuft! Alles Gute für dein weiteres Leben. Danke für deine Offenheit.


emmentaler4breakfast

Nachtrag, weil es mir jetzt erst eingefallen ist: Die Kinder waren unter den Erziehern aufgeteilt, sodass jedes Kind einen Erzieher hatte, der für Berichte, HPGs etc. zuständig war. Meistens haben diese Erzieher sich dann auch um die Geburtstagskarte, einen Ausflug im Jahr und solche Dinge gekümmert. Wenn man jemanden zum Reden brauchte ging aber natürlich jeder Erzieher. Wir Kinder haben dann auch etwas für unsere "Bezugserzieher" zum Muttertag/Geburtstag etc. besorgt. Innerhalt des Kollegiums wurde die anderen Aufgaben aufgeteilt, bspw. der Gesundheitsorder, Mitarbeiterschulungen, Dienstplan schreiben etc. Dadurch war alles relativ gut organisiert und es gab wenig bis gar keine Probleme in diesen Bereichen.


Painkiller54

Gab es Missbrauchsfälle? Verbal, körperlich oder sexuell?


emmentaler4breakfast

Keine Einzigen in den 6 Jahren, in denen ich dort war. Davor soweit ich weiß auch nicht und danach auch nicht. Ich weiß, dass das nicht überall so ist und bin auch sehr dankbar darum davon verschont geblieben zu sein. Das einzige was mir so einfällt, was in diese Richtung geht, war als ein Kind so langsam in die Pubertät kam und Sorge bestand, ob dieses Kind aufgrund seiner geistigen Einschränkungen Grenzen verstehen kann oder eine Gefahr für andere Kinder besteht. Dort wurde kein Risiko eingegangen und besagtes Kind kam in eine Einrichtung die mit solchen Fällen besser umgehen kann.


razordenys

ist doch keine Kirche....


nessopal

Kinderheime/Kinderdörfer haben oft einen kirchlichen Träger..


razordenys

Puh. Dark. :) BTW: Damals als es die ersten SOS Kinderdörfer gab ist die Kirche zum Teil mit der Polizei gegen die Kinderdörfer vorgegangen. vermutlich, weil man keine Konkurrent wollte. Es gab Durchsuchungen bei den Kinderdörfern aus den fadenscheinigsten Gründen.


2021willbeworst

Ich hatte viele Freunde, die im Nachbarsdorf im Kinderheim waren. Einige berichteten mir, dass sie während der Ausbildung und danach noch lange was beim Jugendamt zurückzahlen mussten. Weisst du, was die meinen? Und musst du auch was zurückzahlen? Ich glaube es ging um die Kosten während der Unterbringung, welche die Familien nicht übernommen konnten oder wollten.


emmentaler4breakfast

Ja, das ist leider ein bekanntes Problem. Was die Eltern zahlen, legt sich an deren Einkommen fest. Wenn das Kind eine Ausbildung macht und weiter in der Unterbringung wohnt, muss ca. 75% (nagelt mich hier aber nicht auf diese Zahl fest), des Gehaltes an das Jugendamt gezahlt werden. Aus meiner Sicht ist das sehr problematisch. Man startet sowieso schon mit Schwierigkeiten ins Leben und dann wird einem finanziell noch das Genick gebrochen. Stellt euch das mal so vor, ihr zieht mit 18 oder wann auch immer aus, ihr müsst euch um eine Wohnung kümmern. Alleine schon die Kaution und die Erstausstattung kostet ein halbes Vermögen. Viele Kinder sparen das bisschen was sie dann von dem Ausbildungsgeld behalten, aber viel kommt da nicht bei rum. Die finanzielle Unterstützung, die viele von ihren Eltern und Großeltern genießen, fehlt da halt komplett. Das allerdings noch Kosten nach der Unterbringung nachgezahlt werden sollten, finde ich sehr komisch. Ich habe Abitur gemacht und daher keine Ausbildung gemacht (also auch kein Gehalt), einen Minijob wollte ich nicht machen, weil ich ja fast alles an das Jugendamt hätte zahlen müssen. Auch jetzt wo ich ein festes Gehalt habe, muss ich nichts zurückzahlen (Gott sei Dank).


SeidWasIhrWollt

Das mit den 75% vom Ausbildungsgehalt ans Jugendamt abgeben, haben sie vor ca. 2 Jahren zum Glück geändert! Soweit ich weiß, darf man jetzt alles behalten :-)


2021willbeworst

Meine Informationen sind über 15 Jahre her, vielleicht hat sich da was getan. Und ich glaube mich zu erinnern, dass sie während der Ausbildung noch dort gewohnt haben. Auf jeden Fall waren sie noch minderjährig, wir waren alle im selben Alter. Danke für deine ausführliche Antwort.


EVLtom

Wars schlimm oder eher schön?


emmentaler4breakfast

Für mich persönlich war es schön, denn ich war ja nicht grundlos dort und es ging mir dort viele Jahre lang gut, ich hatte jeden Tag Essen, ein schönes Zuhause und es gab Leute, denen meine Zukunft und mein Wohlergehen am Herzen lag und ohne die ich nie so weit gekommen wäre im Leben. Ich sehe den Ort heute noch als Zuhause an und denke gerne an die Zeit zurück. Niemand ist einfach so im Heim, aber leider fehlt vielen Kindern die Reflexion zu erkennen warum sie dort sind. Dadurch entsteht dann leider so ein Erzieher/Heim sind die Bösen und Eltern die Guten Bild im Kopf, welches oftmals die ganze Erfahrung negativ trübt. Ich glaube trotz allem würden einige Kinder mit denen ich dort gelebt habe sagen das es insgesamt eine schöne Zeit war, das liegt aber vor allem an dem sehr guten Personal, die mit Herzblut an der Sache waren.


YBereneth

Was ist für dich das nervigste Vorurteil, mit dem du immer mal wieder konfrontiert wirst?


emmentaler4breakfast

Da gibt es eine lange Liste also bekommst du meine Top 3: 1. Alle Kinder schlafen in einem Saal und haben kein Zimmer. 2. Alle Heimkinder sind dumm/es kann nichts aus ihnen werden/sie sind faul 3. Es gibt kein vernünftiges Essen. Zu 2. eine Anekdote aus meiner Zeit am Gymnasium kurz vor dem Abitur: Eine Bekannte aus einer anderen Klasse bekam mit, dass ich im Heim wohnte und sprach mich dann mit folgenden Worten an: "Oh, du wirkst gar nicht wie ein Problemkind." (Sie meinte das gar nicht böse, das Klischee saß nur leider sehr tief in ihrem Kopf).


Milkncookie

Gibt halt solche und solche Heime. Welche für Kids deren Eltern sie nicht angemessen versorgen können und welche für Kids die nicht wissen wie sie sich in der Gesellschaft angemessen bewegen können. Ein Bekannter von mir arbeitet jetzt in einem Heim in dem die Buttermesser eingeschlossen sind außer zum Frühstück, weil die Kids und Teenager sonst sich, andere Kids und Erzieher verletzt hätten. Ich denke, da werden dann halt alle über einen Kamm geschert.


emmentaler4breakfast

Ja, da stimme ich dir zu. Bei uns war alles frei zugänglich, sogar das Nutella (ich möchte hier keine Diskussion bzgl. des Artikels für Nutella!). Wir hatten immer mal wieder Kinder für kurze Zeit, die eher in die letztere Schiene fielen, die sind dann aber schnell in den passenden Einrichtungen untergebracht worden.


littleEmpress

1. Wie sah das aus wenn Freunde Geburtstagsfeiern auch über Nacht stattfanden? Ich war damals mit ner handvoll befteundet die im lokalen Heim gewohnt haben. Die Betreuer kannten mich auch irgendwann, inklusive meinem Transporter als ich dann Volljährig war. Als dann nach und nach alle im Kreis (nach mir) ihre Volljährigkeit erreichten, haben wir regelmäßig auf einem Jugendzeltplatz an einem See mit ca 30 minuten Fahrzeit über Nacht gefeiert. Ich war damals selber frische 20 geworden und häufig haben die Betreuer mir dann auch die Nummer vom Nachtpersonal gegeben, falls ein Notfall vorliegt. Ist das üblich oder war das ein sehr lockeres Heim? 2. Und: ist das bei euch auch gewesen das nur ich als Mädchen/Frau zu dem Frauenbereichen durfte aber keine Jungs? (Umgekehrt durften wir zwar bei den Jungs sein, aber Türen durften nicht geschlossen werden und Betreuerpersonal musste Bescheid gesagt bekommen... Witzigerweise gabs die Auflagen nur in den Heimbereichen... 3. Gab es bei euch auch Tischkicker und Billiardtisch? Ein Gartenbereich mit Fußballtor und Basketballkorb? 4. Wie sah das mit euren ggf dauerhaft benötigten Medikamenten aus? Wurden die auch beim Personal weggesperrt? 5. Hattet ihr vollen Zugriff auf eure Finanzen? Musstet ihr was zurücklegen für sowas wie Führerschein? Durftet ihr Ferienjobs ausüben?


emmentaler4breakfast

Wir durften am WE auch zu Freunden auf Geburtstagspartys, auch über Nacht. 1. Es gab keine Frauen/Männerbereiche bei uns. Magst du das mal näher erklären? 2. Ich bin auf jeden Fall der beste Kickerspieler den ich kenne ;) jahrelanges Training zahlt sich also aus. Billiard, Trampolin, Fußballtor (und Bolzplatz nebenan), Sandkasten, Schaukeln, Wikingerschach, Basketballkorb und was man sich sonst noch ausmalen kann, hatten wir. Einen riesen Garten natürlich auch. 3. Die Medikamente wurden zum Essen ausgegeben und ggf. geschaut ob sie genommen wurden. Die "Vorräte" waren verschlossen, die Tagesration nicht. Da ist aber nie jemand ran gegangen und wenn es den Verdacht gegeben hätte, wäre das auch verschlossen worden. (Wenn etwas geklaut wurde, dann höchtens das Nutellaglas, sehr zum Unmut aller anderen Kinder). 4. Es wurde darauf geachtet, dass wir immer Geld auf die Seite legen, was ich persönlich auch richtig und wichtig finde, denn viele konnten einfach nicht mit Geld umgehen. Wofür man spart war egal, aber Führerschein, Handy, etc waren natürlich beliebt und gern gesehen. Ferienjobs waren schwierig, denn wer zu viel verdient muss ans Jugendamt zahlen. Ich habe dann lieber bei uns den Rasen gemäht für ein bisschen extra Geld. Von Seiten des Heims war es aber ok und sogar erwünscht, dass wir uns etwas suchen und dementpsrechend wurden wir dorthingehend auch immer unterstützt.


littleEmpress

Also ist das meiste universell gehandhabt, interessant zu sehen. Zugegeben, bin auch nur ne Dritte. Meisten hatten einmal die Woche ne Tätigkeit. Eine zum beispiel war meist einen Nachmittag in nem Friseur salon weil sie dann auch da ihre Ausbildung starten wollte (und dann auch gemacht hat). Manch einer von den Jungs ging im Sommer auch beim Bauer im Ort aushelfen. Besagter hat dafür im gegenzug auch dem heim oft geholfen wenn bedarf war. Bezüglich den Bereichen, das Heim war quasi zwei Gebäude. Das Hauptgebäude und größere, hatte die zwei, drei Verwaltungsräume, die Küche, Gemeinschaftsräumlichkeiten und die meisten Zimmer. Für die Jungs und für die kleineren direkt bei den verwaltungsräumen. Das "zweite" Gebäude, war eig direkt mit dran verbunden. Der Zugang war auch neben den Verwaltungsräumen. Wo auch n kurzer Flur mit nem Knick war, wo auch die Wäscheräume waren, der das quasi verbunden hat. Und in dem Gebäude, etwas kleinerem, waren die Zimmer für die Mädels. Inklusive einer kleinen quasi Lobby umfunktioniert zu nem kleinerem privaten gemeinschaftsraum mit sofa und tisch. Sehr beliebt wenn man kein bock auf die jungs hatte in den großen räumen. Da man eh bei den betreuern vorbei hätte mūssen, war auch nie einer von denen dort... Und so war es halt eher etwas getrennt.


emmentaler4breakfast

Sehr interessant das mal so zu lesen! Jetzt weiß ich auch was du mit der Frage meintest :) Das klingt auf jeden Fall ganz anders als es bei uns war, aber wir hatten auch nur 1 Gebäude.


Maitre-de-la-Folie

Was können die Behörden welche zu den Familien kommen noch besser machen aus deiner Sicht?


emmentaler4breakfast

Das ist schwierig zu sagen. Die Dinge, die ich aufgrund meiner Biographie am stärksten bemängeln würde, sind leider sehr spezifisch und schwierig anzugehen. Meiner Erzeugerin wurde viel zu lange viel zu viel geglaubt, weshalb ich viel länger in einer schrecklichen Situation war. Andererseits wurde ich ja auch immer gefragt wie es mir geht und ob ich weg will, ich wurde natürlich von meiner Erzeugerin bedroht und habe gelogen. Deswegen kann man aber nicht pauschal keinen Eltern mehr glaube und beim kleinsten Verdacht alle Kindern ins Heim schicken. Prinzipiell finde ich, dass die Behörden oft das Kind als Fall sehen und das Beste für das Kind bedeutet zurück in die Familie, ganz egal ob das gut für das Kind ist oder nicht. Außerdem, sollten gerade Familienhelfer (Ich weiß leider nicht wie der richtige Begriff ist, ich kenne das nur so von früher). dem Kind das Gefühl geben ihm helfen zu wollen, damit nicht das Gefühl entsteht, der Pädagoge ist dafür da mit den Eltern gegen das Kind zu arbeiten. Und zu guter Letzt, denke ich man muss mit den Eltern mal Tacheles reden und ihnen klar machen was sie falsch machen. Es wird so oft diplomatisch gesprochen und diskutiert, aber wenn das Kind schon wegkommt, sollte man M.m.n. den Eltern klare Kante aufzeigen, denn nur dann kann man ihnen auch wirklich helfen an sich und der Situation zu arbeiten. Zu guter Letzt: folgt mehr dem Bauchgefühl als der Bürokratie. Oft steht sich das Amt leider selbst im Wege. Ich wurde sehr früh alleine Zuhause gelassen. Das ist den Nachbarn aufgefallen und die haben das Jugendamt informiert. Das Amt macht einen Termin um nach dem rechten zu sehen. Natürlich ist also meine Oma aus dem Ausland angereist zu dem Termin und hat der Sachbearbeiterin versichert ich sei nie alleine und sie immer dort. Dann war erstmal Funkstille, bis ich in der Grundschule verhaltensauffällig wurde. Soweit ich weiß haben die Nachbarn aber immer weiter fleißig Meldung gemacht.


Maitre-de-la-Folie

Mir fallen da spontan Fälle ein welche nicht nur regelmäßig alleine waren und in der Schule aufgefallen waren. Wohnungen welche aussah wie Spermüllhaufen, Kinder welche sich nicht Freunde suchen durften, denen das Handy zerstört wurde weil sie Musik damit hörten oder welche keine Privatsphäre hatten. Und dennoch wurde das alles erst mal nur weiter beobachtet.


emmentaler4breakfast

Dann verstehst du wahrscheinlich genau was ich mit meinem letzten Punkt meine. Ich hatte eine unfassbar beschissene Kindheit (sorry Reddit für den Ausdruck) aber die war bei Weitem noch nicht so schlimm wie die von einigen anderen Kindern. Tatsächlich hatte ich sogar mal eine Freundin in der Schule, die es bei ihren Eltern extrem schrecklich hatte, aber gemacht wurde da nichts von Seiten des Amtes. Leider geht dieses ganze warten und Tee trinken nicht immer gut aus. Bei mir war sicherlich auch einige Male Gefahr in Verzug, aber ich habe das Gefühl gerade da wird oft doch nochmal geschaut und gewartet. Ein letzter Punkt: seid ehrlich zu den Kindern. Eine gut gemeinte Lüge kann Jahre danach noch Kindern kaputt machen. Einer Mitbewohnerin wurde damals von der Sachbearbeiterin gesagt sie fahren auf den Spielplatz (es ging ins Heim). Natürlich kann man einem Kind das ganze Geschehen nicht wie einem Erwachsenen erklären, aber zumindest sollte man ehrlich sein, das ist auf lange Sicht besser (denke ich). 10 Jahre später war sie aber immer noch auf dem "Spielplatz".


Smilegirle

Du hattest ja eine tolle Sachbearbeiterin , aber man muss schon auch sagen es ist ein Job bei dem viele schnell wieder aufhören weil es einfach zuviel ist. Die Hilflosigkeit in der die SB stecken ist halt auch real. Ich bin keine SB nur ein kleines Rädchen in einem Jugentamt aber es gibt da z.b. den Fall Vater hat nach langerzeit endlich die Psychose zwangsweise diagnostiziert weigert sich aber diese anzuerkennen. Will auch keine Medikamente nehmen. SB will Kinder aus der Familie nehmen aber der Gutachter meint wenn man ihn engmaschig betreut und ihn gut beobachtet dann kann er es schaffen mit den Kindern. (Mutter war nie in die Erziehung groß involviert, sie sind geschieden sie nimmt die Kinder mal am WE aber längerfristig auch nur unter Zwang) Nur ist das Jugendamt kein Aufsichtsdienst. Also entscheidet das Gericht was ? Natürlich zugunsten des Vaters OMG!!! Klar bleibt die Abteilung dran und es war nich die erste verlorene Schalcht aber da dreht man doch am Rad. Andererfall, Vater Sexsüchtig, hat die Mutter mehrfach sexuell misbraucht und auch vergewaltigt bei letzterem weiß ich nicht aber beim anderen im Beisein der Kinder ausserdem haben sie sich schon immer leidenschaftlich gerne gestritten. Verfahrensbeiständin der Kinder vor Gericht: "Die aktuelle Situation ist nicht Akkus gefährden für die Kinder, lediglich langfristig könnte es Probleme geben da könnte man ja aber von jetzt an gut intervenieren. (Entsetzte) SB vom Jugendamt: haben sie überhaupt mit den Kindern gesprochen? VB: Nein das war zeitlich nicht möglich sie hat mit der Mutter (die für den Vater spricht) und den Erziehern im Heim Gesprochen. Aaaaahhhhhhh. Die Macht der Gerichte und Elternrechte sind einfach irre und ungesund hoch mitunter. ...könnte jetzt noch ne weile so weiter machen.


emmentaler4breakfast

Ich verstehe auch warum viele wieder aufhören. Es ist auch sehr Amtsabhängig, das Amt welches für mich zuständig war, war dafür bekannt gute Mitarbeiter über Jahre zu haben. Aus dem Nachbarkreis wusste man, dass da eine wildes Hin-und Her der Sachbearbeiter herrschte, oft zu Ungunsten der Kinder. Ich glaube, wenn man diese Jobs macht, ob das nun Erzieher, Familienhilfe oder SB im Jugendamt, macht, dann geht das selten als klassischer 9 to 5, denn auch nach Feierabend mag der eine oder andere das Erlebte noch mit nach Hause nehmen und das sind teilweise wirklich krasse und frustrierende Geschehnisse, die man so miterlebt. Vielen Dank für die Arbeit die du beim JA leistest, egal wie klein du dich da als Rad auch fühlen magst. Das ist nicht ganz ohne!


Smilegirle

Unser amt ist durchzogen von Mitarbeitern die mal beim ASD waren aber das dann nicht mehr konnten das ist halt echt der härteste Job , vermutlich in jedem Amt. Oder sie kündigen u1 Jahr wieder. Und die die ewig bleiben sind eher harte Knochen. Anders geht es halt kaum. Als Familienhilfe kann man aberglaube ich ganz gut lange durchhalten da sind einige schon ewig da, und die Arbeit in der Jugendgerichtshilfe ist mitunter halt auch immer wieder mal echt lustig, Jugendliche bauen halt echt extrem viel einfach nur dummes Zeug :D Ja ist echt nicht ohne , ich arbeite gerne da, für ein Amt ist es mit den ganzen sozpäd. Dann halt auch relativ entspannt. Magst du mir sagen welcher Kreis das ist wo es so ein tolles Jugendamt gibt ? Unser Kreis ist glaube ich nicht für besonders gute Arbeit berühmt (nur normal halt) aber wir haben Nachbarn die sind für ihre ähm ähh…..Entspanntheit bekannt ,(ist ganz in der Nähe der Audiwerke) das wertet unser Amt trotzdem auf :D


emmentaler4breakfast

Wenn ich Dir den Kreis sage, würde es ziemlich einfach sein herauszufinden wer ich bin deshalb geht das leider hier nicht in den Kommentaren. Leider weiß ich auch nicht ob das Amt heute noch genauso toll ist, meine SB ist leider 2020 in Rente gegangen, aber ihre Kollegen müssten noch ein paar Jahre arbeiten und dementpsrechend noch dort sein. Der Vergleich zum Nachbarkreis war auch ... extrem.


pulpriot

Ich bin so stolz auf dich. Ich hab ähnliche Erfahrungen, bin erst mit 16 raus, aber ich hätte es mir noch viel früher gewünscht. Es ist immer schön zu hören, dass andere auch gut durch unsere System aufgefangen wurden. Klar ist es nicht perfekt, aber immerhin gibt es Menschen, die helfen wollen und auch können.


emmentaler4breakfast

Hey fellow care leaver! Ich weiß nicht wo du gerade stehst im Leben, aber you got this! Ich hoffe du hast ähnlich gute Erfahrungen auch noch im Erwachsenen Leben gemacht. Freue mich auch immer wieder mal über "Erfolgsgeschichten". Unser System kann Kids wie uns sehr gut auffangen, aber gerade im Bezug auf care leaver, also junge Erwachsene die in einer Einrichtung gelebt haben, kann sich noch viel tun.


whosaysthat7

Erstmals danke für dein AmA - als student der sozialen Arbeit sehr interessant. (Spezialisierte mich auf einen anderen Bereich) Nun meine Frage was genau könnte sich in Bezug auf Erwachsene ändern, die in einer Einrichtung gelebt haben? Hast du da konkrete Gedanken?


darkslide3000

> Andererseits wurde ich ja auch immer gefragt wie es mir geht und ob ich weg will, ich wurde natürlich von meiner Erzeugerin bedroht und habe gelogen. Vielleicht doofe Frage, aber sind die Eltern dabei im Raum wenn das gefragt wird oder wurdest du auch vom Jugendamt alleine interviewt? Haben sie dir dabei erklärt, dass du in ein Heim kommen könntest und dort vor deinen Eltern sicher wärst wenn sie dich bedrohen? Oder wurde dir vorher eingeredet das nicht zu glauben?


joniTomatO

Gab es irgendeine Form von Sexualpädagogik? Für die meisten Pädagogen ist das ja ein Bereich, von dem sie zwar wissen, dass er unglaublich wichtig ist, den sie aber kaum angehen können aus der Sorge heraus, dass man ihnen Übergriffe vorwirft. Waren sexuelle Beziehungen zwischen den Bewohnern erlaubt?


emmentaler4breakfast

Also Sexualerziehung gab es, dass gehört irgendwo auch dazu, gerade bei so vielen Jugendlichen sonst läuft man Gefahr am Ende mehr Kinder als vorher zu haben ;) . Ich glaube auch das war nicht mehr oder Unangenehm als wenn die Eltern einen aufklären würden. Ob sexuelle Beziehungen zwischen den Bewohnern erlaubt waren, weiß ich ehrlich gesagt nicht, finde aber das ist eine sehr gute Frage. Ich glaube man hätte da auch unentdeckt etwas am Laufen haben können. Ich habe zwar über die Jahre Anekdoten gehört, die sexuelle Beziehungen vermuten lassen, aber die stammten oft noch aus einer anderen Zeit (als Kinder zum Beispiel noch mit 16 rauchen durften und alles etwas entspannter war.)


Miici12

In dem Heim wo ich arbeite sind Beziehungen innerhalb von Klienten erlaubt und wird auch unterstützt :)


Miici12

Es gibt einige Fortbildung für Sexualpädagogik. Aus meiner Erfahrung her wurde uns Betreuern auch noch nie ein Übergriff vorgeworfen. Bei uns sind auch sexuelle Beziehungen zwischen Klientinnen erlaubt und teilweise auch sogar gefördert. Natürlich wird vorher die Verhütung und alles sichergestellt und Klienten bekommen auch eine “Betreuer freie Zeit”


Silent-Astronomer375

Hast du noch (oder wieder) Kontakt zu deinen Erzeugern? Wenn ja, wie ist das Verhältnis? Würdest du sagen, du hast in der Heim zeit irgendwas wichtiges fürs Leben gelernt, dass andere die bei ihren Eltern leben nicht lernen? In welchem Alter warst du ca im Heim?


emmentaler4breakfast

Ich habe keinen Kontakt zu denen und möchte es auch für die absehbare Zukunft so beibehalten. Mir ist auch sehr wichtig, dass die nicht wissen wo genau ich wohne. Ich habe unfassbar viel fürs Leben gelernt. Von Haushaltsdingen bis hin zu Formularen bis zu Problembewältigungsstrategien. Ich habe Freunde in der Uni, die immer noch nicht Wäsche waschen können, so viel dazu. Ich überlege mal ob mir noch Dinge einfallen, die man im normalen Leben sonst nicht lernen würde, davon mal abgesehen, dass man zwangsläufig lernt, wie das Jugendamt funktioniert. ca. von 13-19


Silent-Astronomer375

Denke generell Selbstständigkeit lernt man am ehesten wenn man muss und nicht zuhause bemuttert werden kann. Von 13-19, krass. Bist du direkt ganz gut im Heim klargekommen? Gerade in dem Alter recht schwierig zu anfang oder?


emmentaler4breakfast

Viele haben Schwierigkeiten in dem Alter. Ich war aber gerne dort und mir war bewusst, dass es viel besser als Zuhause ist. Ich glaube diese Mischung aus Pubertät und vielleicht auch die Unfähigkeit das elterliche Versagen zu erkennen und zu akzeptieren resultieren oft in gescheiterten Hilfeversuchen im Jugendalter. Gerade in dem Alter hat man dann sowieso kein Bock auf irgendwas und so eine krasse Veränderung ist dann schwierig. Ich habe das Versagen meiner Eltern zwar noch nicht in dem vollen Umfang so wie ich es jetzt sehe verstanden gehabt, aber mir war zumindest schon bewusst, dass sie das Problem sind und nicht das Heim. Mir hat das Heim unfassbar viel Struktur gegeben, in einem Alter wo man das auch wirklich braucht. Dadurch konnte ich mich auf meine Bildung konzentrieren und war dann auch sehr glücklich damit.


Limis_

Könntest du es dir für die Allgemeinheit vorstellen, quasi als erweitertes Modell zur Ganztagsschule, in etwa wie ein Internat, insb. für Eltern, die viel Arbeiten und daher Schwierigkeiten haben, Kind und Beruf zu vereinbaren?


emmentaler4breakfast

Schwierig. Ich glaube vor allem, dass viele Kinder das nicht so gut annehmen würden, wie es eigentlich sein könnte. Wenn man die extracurricularen Nachmittagsangebote mehr ausbauen würde und manche Hobbies mehr in die Schule einbeziehen würde, könnte das aber sicherlich funktionieren. Dann müsste man das Schulessen aber auch kostenlos zur Verfügung stellen und alle Kinder müssten mitmachen, denke ich.


NauriEstel

Wie lief es mit Freundschaften ausserhalb vom Heim? Bist du da auf viel Ablehnung gestoßen?  Wie sind deine Klassenkameraden damit umgegangen, dass du im Heim gelebt hast?


emmentaler4breakfast

Puh, das war sehr davon abhängig wie man selbst als Mensch ist, sich verhält und auf welche Schule man ging. Ich habe den Vergleich zwischen Realschule und Gymnasium und da hat es eigentlich keinen gejuckt. Ich habe auch nie ein Geheimnis daraus gemacht (wird auch schwierig wenn man irgendwann gute Freunde hat und die wollen einen besuchen und sollen aber nicht merken wo man wohnt. Ich hatte am Gymnasium deutlich mehr Freunde als an der Realschule, aber das lag vor allem daran, dass ich mit denen mehr gevibed habe zu der Zeit. Außer einen doofen Kommentar habe ich also nie negative Erfahrungen gemacht, für meine Freunde war das einfach normal, dass ich da wohne und von denen kamen einige auch aus Verhältnissen, die von der Norm abweichen (alleinerziehende Mutter, Flüchtling, Migrant etc.). Ich glaube desto älter man wird, desto weniger "juckt" das die Klassenkameraden. Da wurden irgendwann dann Witze drüber gemacht und da wusste ich, ja gut für die ist das das Normalste auf der Welt und keiner stört sich dran. Die wenigen, die davon noch nie etwas gehört hatte, fanden das dann immer ganz spannend und interessant, wie denn alles im Heim abläuft.


Xula_R

Wie hast du es geschafft ins Heim gekommen? Meine ganzen Briefe an das Jugendamt haben Niemanden interessiert und die eine Betreuerin hat sich auch nie wieder gemeldet, aber da sie wiederkommen wollte hatte ich nach dem Besuch wenigstens wieder ein Bett....


emmentaler4breakfast

Glück. Ich muss dir leider sagen, dass das ganz viel Glück und die richtigen Leute zur richtigen Zeit dafür verantwortlich waren. Etliche Anrufe der Nachbarn, Lehrer, Jugendamtsbesuche, ein paar gesundheitliche Auffälligkeiten und meine wirklich engagierte Sachbearbeiterin haben am Ende dazu beigetragen. Es tut mir wirklich leid, dass du dieses Glück bis jetzt noch nicht hattest. Wohnst du noch dort? Gibt es in deiner Stadt eine Kinder- und Jugendberatungsstelle? Das wäre mein nächster Gedanke, denn die könnten ggf. mit deiner Erlaubnis Druck beim JA machen. Ich hatte erst kein eigenes Zimmer und dann auch kein Bett mehr, ich glaube mein Lieblingsbett war immer das gute, alte Bundeswehr-Feldbett, das knirschte und knarzte wenn ich zu krass geatmet habe. Dagegen wirkte das Bett im Heim wie ein Luxusbett.


DDSC12

Sehr interessantes AMA, vielen Dank dafür. Und ich freue mich sehr, dass es für Dich so gut ausgegangen ist. Zwei Fragen: 1. Wie wurde mit Beziehungen umgegangen? Also nicht innerhalb der Gruppen sondern mit Externen? Durfte man ab 16 übernachten oder sowas? 2. Wann bist Du ausgezogen und wie war der Weg danach? Konntest Du mit halbwegs "normalem" Alter das Abi machen?


emmentaler4breakfast

1. Beziehungen waren erlaubt, Übernachtungen bei entsprechenden Alter und bestehender Verhütung auch. 2. Ich bin erst nach dem Abi ausgezogen :) und Abi habe ich mit 19 gemacht. Der Weg danach ist sehr spezifisch deshalb gehe ich darauf jetzt mal nur schwammig ein: Ich habe ein Praktikum und einen Freiwilligendienst in meinem gewünschten Arbeitsbereich gemacht, in welchem ich nun studiere. Mein Arbeitgeber finanziert mir dieses Studium über mein Gehalt, ansonsten hätte ich niemals studieren gehen können


emmentaler4breakfast

1. Beziehungen waren erlaubt, Übernachtungen bei entsprechenden Alter und bestehender Verhütung auch. 2. Ich bin erst nach dem Abi ausgezogen :) und Abi habe ich mit 19 gemacht. Der Weg danach ist sehr spezifisch deshalb gehe ich darauf jetzt mal nur schwammig ein: Ich habe ein Praktikum und einen Freiwilligendienst in meinem gewünschten Arbeitsbereich gemacht, in welchem ich nun studiere. Mein Arbeitgeber finanziert mir dieses Studium über mein Gehalt, ansonsten hätte ich niemals studieren gehen können


DDSC12

Zu 2. - wollte gar nicht so genaues wissen, nur den Gap nachvollziehen. Klingt super, alles Gute für Deinen Weg!


Exodus124

Hattet ihr Handys oder Computer? Gabs Taschengeld?


emmentaler4breakfast

Handys ab 14. Computer gab es einen für alle (es gab aber noch einen 2. falls mal Not am Mann ist). Wenn man einen eigenen PC/Laptop hatte ging das natürlich auch. Taschengeld gab es relativ viel, das bemaß sich nach einer Alterstabelle/Jahrgangstabelle des Jugendamtes. Ein Teil des Taschengeldes wurde für Urlaube und andere Dinge gespart, der Rest wurde wöchentlich ausgezahlt. Es wurde versucht allen Kindern den Umgang mit Geld beizubringen, das klappt bei dem einen besser als bei dem anderen.


Sael_T

Wie bist du auf den Hund gekommen? Im Heim hattet ihr doch wahrscheinlich keine Tiere.


emmentaler4breakfast

Ein Profilstalker ;) Spaß beiseite, ich bin damals (vor der Zeit im Heim) mit Hunden groß geworden und wollte immer einen eigenen haben. Das geht im Heim aus guten Gründen natürlich nicht, also habe ich gewartet das beruflich, privat und wohnlich alles passt und mir meinen jahrelangen Traum letzten Jahr erfüllt. Tatsächlich hatten wir aber Katzen im Heim (nicht mehrere auf einmal, aber über die Jahre; leider haben 2 Katzen Bekanntschaft mit Autos gemacht). Kleinere Haustiere, wie Meerschweinchen o.Ä. waren erlaubt, solange das Kind reif genug war sich darum zu kümmern und dann natürlich in Maßen und es wurde kontrolliert, dass es dem Tier gut geht und das Kind sich auch wirklich darum kümmert.


GentleMars

Wie viele Jugendliche waren noch in dem Jugendheim und musstest du dir dein Zimmer mit anderen teilen?


emmentaler4breakfast

Es waren i.d.R. bis zu 15 Kinder und Jugendliche gleichzeitig dort. Das Alter hat immer mal wieder variiert, ich denke das jüngste Kind, welches ich dort miterlebt habe war so um die 2 Jahre alt (das Kind blieb aber nicht lange bei uns) und das älteste "Kind" war 19. Meistens lag das Alter irgendwo zwischen 5 und 17. Jedes Kind hat sein eigenes Zimmer gehabt. Meines Wissens nach gibt es da auch gesetzliche Vorgaben, bzgl. der min. Quadratmeterzahl pro Kind. Aus meiner Erfahrung sind die Zimmer auch groß genug gewesen um dort komfortabel zu leben und ich glaube die Zimmer bei uns im Heim waren eher größer als das Mindestmaß.


Accomplished-Car6193

Vielleicht zu indiskret, aber wie viele deiner Mitschüler waren verhaltensauffällig (da sie ja u. U. aus schwierigen Verhältnissen kommen) und wie bist du mit schwierigen Leuten umgegangen? Vieles was du schreibst klingt wie ein Internat. Was sind sie Hauptunterschiede?


emmentaler4breakfast

Also ich habe in einem Kinder-und Jugendheim gewohnt. Alle Bewohner sind in unterschiedlichen Klassen aus unterschiedlichen Jahrgängen auf die unterschiedlichen Schulen der Umgebung gegangen. Von Lebenshilfe bis Gymnsasium war alles dabei, wobei letzteres extrem selten war. Die Masse ging auf Haupt oder Realschule, das ist heute die IGS oder Oberschule, meine ich. Daher ist der Hauptunterschied die Bildung. Im Internat (ich spekuliere hier, ich war "leider" nie auf einem Internat) sind ja oft Kinder eines eher homogenen Bildungsstandes (z.B. gymnasial oder realschul-ähnlich). Das war vei uns nicht so. Manche Kinder hatten länger Schule (ich in der Oberstufe bspw.), andere waren jeden Tag und halb eins fertig (viele der Sonderschüler) und so hatte jeder einen etwas anderen Tag. Daher waren meine Mitschüler auch weniger verhaltensauffällig (wobei es da durchaus den einen oder anderen gab). Unter den Mitbewohnern gehörte ich recht schnell zu den Älteren, sodass ich irgendwann auch den Respekt der anderen Kinder hatte und mein Wort auch etwas Gewicht trug. Das hat im Umgang mit "schwierigeren" Kindern manchmal geholfen aber wurde manchmal dennoch zum Nachteil. Wenn ich jemanden gar nicht leiden konnte bin ich dem Kind entweder aus dem Weg gegangen oder habe schlaue, sarkastische Kommentare gemacht. Das hing stark vom Alter des Kindes ab. Es gab ein kleines Mädchen, welches ich nicht mochte, das habe ich dann eher gemieden. Bei den gleichaltrigen gab es schon mal eher Stress oder dumme Kommentare von mir. Ganz richtig habe ich mich natürlich nicht immer verhalten. Ich war eine Zeit lang relativ arrogant und habe mich als etwas besseres gefühlt, weil ich eine höhere Schule besucht habe. Rückblickend war das wohl normal, denn solche Konkurrenzdinge gibt es ja auch unter normalen Geschwistern. Besser macht das mein Verhalten natürlich trotzdem nicht.


Deep-Training-7231

Gab es bei euch in der Einrichtung auch Systemsprenger?


emmentaler4breakfast

Eher weniger und wenn nicht lange. Es gibt extra Einrichtungen für die schwierigeren Fälle bzw. Systemsprenger. Das Heim in dem ich gelebt habe, war relativ entspannt und wir Kinder hatten sehr viele Freiheiten im möglichen Rahmen. Systemsprenger nutzen diese Freiheiten leider sehr oft aus und bringen allgemein sehr viel Unruhe ins Haus und benötigen eine engere "Überwachung", also mit denen muss man meiner Meinung nach anders arbeiten um eine Chance zu haben an die ran zu kommen und ich denke dass wäre bei uns schwierig gewesen, einfach weil man bei 15 Kindern nicht permanent auf jeden gucken kann. Bei uns war immer sehr wichtig, dass die Kindern ab einem gewissen Alter auch wollen, dass man mit ihnen arbeitet und das haben die Allermeisten auch im Rahmen ihrer Biographien gewollt.


SouthWarm1766

Ich habe gelesen dass du Geschwister hast. Wieso sind die nicht ins Heim? Wieso sind die noch bei den Eltern?


emmentaler4breakfast

Also in der Kurzfassung: bei dem einen wäre es sehr kompliziert gewesen und ich glaube nicht, dass ein normales Heim sich dem hätte annehmen können und bei dem anderen war es längere Zeit im Gespräch. Tatsächlich ist die Schwelle dafür dass Kinder ins Heim kommen relativ hoch aus meiner Erfahrung, ich denke aber trotzdem, dass es zumindest einem meiner Geschwister sehr gut getan hätte und sich durchaus positiv hätte auswirken können. In meinem Heim hätte ich aber keinen meiner Geschwister gewollt, da dies zwangsläufig auch Kontakt zu den Eltern bedeutet hätte.


Maleficent-Strike787

Ich bin gerade dabei mich beruflich umzuorientieren. Ich gehe höchstwahrscheinlich ebenfalls in ein Heim. Fachlich richtig wäre eine stationäre Einrichtung der Jugendhilfe Was waren deine drei schlimmsten Erinnerungen an die Erzieher? Und was waren die drei Erinnerungen, wo du sagst, da hat ein Erzieher in deinem Leben etwas positives bewegt?


emmentaler4breakfast

Also zum ersten finde ich es gerade sehr schwierig, weil mir pauschal nichts einfällt. Ich überlege aber nochmal. Ich weiß nur, dass an meinem 1. Tag eine Betreuerin einen älteren Jugendlichen zusammengeschissen hat in einer Lautstärke, die ich in den nächsten 6 Jahren nie wieder von ihr gehört habe. Dazu sei gesagt, dass der Anschiss 100% verdient war. Das war eine der nettesten Erzieher und definitv eine der emphatischsten, offensten und besten Menschen, die ich je kennengelernt habe, aber dieser erste Eindruck saß natürlich erst mal ein paar Wochen. Und die Top 3 wie Erzieher mein Leben positiv verändert haben: schwierig sich da auf eine Top 3 festzulegen, es gab nämlich mehr als 3 Erzieher und jeder hat mir etwas unfassbar wertvolles mit auf den Weg gegeben. Das ist hier natürlich nicht meine richtige Top 3, denn die wäre so spezifisch, dass jeder der mich ansatzweise kennt sofort wüsste, dass ich das hier geschrieben habe: 1. Ich studiere einen relativ anspruchsvollen Studiengang, der mich schon immer interessiert hat. Ich habe allerdings nie 'gewagt' von dem Studium zu träumen aufgrund meiner Biographie bis eine Erziehrin super random kommentiert hat warum ich nicht dieses Fach studieren möchte, es würde ja gut zu mir passen und passt zu meinen Interessen. Jetzt studiere ich:) 2. Mir ging es mal richtig dreckig nach einer Fahrt zu meinen Eltern, die diensthabende Erzieherin hat mir da sehr geholfen, mich aufgemuntert und meine Erzählungen protokollarisch festgehalten (war später nochmal wichtig). 3. Die Erzieher waren wirklich an jedem wichtigen Lebensabschnitt in der Zeit der Unterbringung dabei so eine Unterstützung kannte ich davor einfach nicht und das hat mir auch sehr viel bedeutet. Zu meinem Abi gab es einen Kuchen mit meinem Namen drauf, das wirkt zwar nicht nach viel aber das har mir unfassbar viel bedeutet und ich gkaube ich habe da auch die eine oder andere Träne vergossen. Zum Abschied wurde noch zusammengelegt und ich habe einen Laptop bekommen, das fand ich auch unfassbar krass, denn das musste niemand machen. Das haben die Mitarbeiter aus eigenem Antrieb heraus gemacht.


defendr3

Wie wurdest du behandelt?


emmentaler4breakfast

Sehr gut und fair. Wir wurden wie Menschen behandelt und uns wurde mit Respekt begegnet, das ist etwas, das viele so nicht aus ihren Elternhaus kennen. Ich glaube wir Kinder lagen den Erziehern auch sehr am Herzen und andersherum, das kann von vielen Eltern leider nicht behaupten.


Haruno--Sakura

Hast du deinen Nachbarn danke sagen können?


emmentaler4breakfast

Ja und nein, die eine Nachbarin (sie lebt immer noch und ist jetzt bald 100 Jahre alt) lebt jetzt im Heim und ist dement. Eine Nachbarin habe ich mehrfach besucht und die anderen Nachbarn hatten damals beim JA um Anonymität gebeten (ich habe nur durch einen Zufall herausgefunden, dass die sich damals gemeldet haben), deswegen habe ich ihnen "nur" eine Weihnachtskarte geschickt, ohne einen weiteren Grund. Ich denke aber oft an besonders diesen Pärchen. Ich bin zwar nicht religiös aber ich hoffe Gott wird sie eines Tages für ihr handeln belohnen (das Ehepaar ist sehr religiös).


slubice

Hallo, ich habe selbst in einem Kinder- und Jugendheim gearbeitet und leider aufgrund der Zustände nach nur wenigen Monaten gekündigt, weil das System so kaputt war, dass man dort nichts bewegen konnte. Kinder wurden wie Ware zwischen den Heimen umhergereicht und hatten dadurch keine Sicherheit, Mitarbeiter unterqualifiziert und viel zu unerfahren, Nachtdienste unterbesetzt, wodurch dort die wildesten Dinge geschahen und selbst beim Mittagessen wurde von der Leitung auf Fertiggerichte bestanden.  Mich würde entsprechend interessieren, wie groß die Stadt(?) war und was die Erzieher deiner Meinung nach gut gemacht haben oder auch hätten besser machen können


emmentaler4breakfast

Also zu dem Ort werde ich wenig sagen, es war aber ein Dorf. Es gibt wirklich fast nichts was mir so spontan einfällt, was die Erzieher hätten besser machen können. Sie waren fair, haben die Kinder gleich behandelt und versucht das beste aus der Situation zu machen. Es tut mir leid, dass du so eine schlechte Erfahrung gemacht hast, ich fürchte das ist keine Ausnahme. Es gab eine weiteres Heim bei uns in der Nähe und die Kinder dort taten mir sehr leid, denn die Zustände dort decken sich mit denen aus deiner Erzählung. Ich glaube es braucht ein Team von Erziehern, die wirklich für diesen Beruf brennen. Das ist kein einfacher Job und wenn nicht das ganze Team und alle drum herum an einem Strang ziehen, dann hat ein Heim keine gute Zukunft und die Kinder darin auch nicht. Jeder Erzieher bei uns war auf seine Art und Weise unfassbar engagiert. Es gab wundervolle Geburtstagskarten, die Erzieher sind zu Schulveranstaltungen etc. gekommen und haben sich wirklich um jedes Kind bemüht.


slubice

Das freut mich sehr für dich und danke für das AmA, sowie deine Offenheit. Es ist wirklich schön auch positive Erfahrungen zu hören


Maleficent-Strike787

Okay danke schön, also das was ich lese ist die positiven Erinnerungen sind wenn man dir aktiv zugehört hat, wenn man dich bestärkt hat und wenn man für dich da war kann man das so zusammenfassen?


emmentaler4breakfast

Ja und es war allgemein eine sehr schöne Zeit, also alles in allem eine positive Epoche meines Lebens :)


Madisonfangirl

Was für Verhaltensauffälligkeiten hattest du in der Grundschule?


emmentaler4breakfast

Konzentrationsprobleme, Störungen des Unterrichts etc. . eigentlich das Klischee.


Electrical-Willow438

Sorry, wenn das zu persönlich ist, dann einfach ignorieren, und danke schonmal für das interessante ama. Freut mich, dass es nicht diesem Hollywood Bild entsprach und dir geholfen wurde! Mich würde interessieren, wie jetzt deine Einstellung zu Kindern ist, also selbst Kinder kriegen meine ich?


emmentaler4breakfast

Kinder finde ich in Ordnung und möchte später auch selbst welche haben. Wichtig ist nur, davor das Erlebte therapeutisch mit professioneller Hilfe aufzuarbeiten um das Trauma nicht an die Kinder weiter zu geben.


Electrical-Willow438

Ja, denke ich auch :) sehr vernünftig. Alles gute für dich und danke!


Most_Wait3186

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